Banca March prognostiziert schwaches Wachstum, Worst-Case-Szenarien werden jedoch immer unwahrscheinlicher
05 Oktober 2023 Kategorie: General
- Die straffe Geldpolitik und die hohen Energiepreise werden das Wachstum dämpfen. Das globale BIP-Wachstum wird sich voraussichtlich auf 2,3 % im Jahr 2024 verlangsamen und damit deutlich unter dem historischen Durchschnitt (3,4 %) liegen.
- Trotz des Anstiegs der Finanzierungskosten und des Inflationsschocks sind die Verbraucher weniger verschuldet als in früheren Zyklen und haben Ersparnisse aufgebaut. Der Konsum dürfte widerstandsfähig bleiben, was Rezessionsängste zerstreut.
- Die Normalisierung der Kerninflation wird einige Zeit in Anspruch nehmen und erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres erreicht werden.
- Die Zinsen werden noch für längere Zeit auf hohem Niveau bleiben. Sowohl die Fed als auch die EZB stehen kurz vor einer Zinspause. Erste Zinssenkungen werden jedoch nicht vor dem zweiten Quartal 2024 erwartet.
- Ein Szenario mit einem Konjunkturabschwung und hohen Zinsen begünstigt festverzinsliche Wertpapiere, die die Anlage mit dem attraktivsten Risiko-Rendite-Verhältnis darstellen. Bevorzugung von Unternehmensanleihen höherer Bonität und Ausnutzung von Stresssituationen zur Erhöhung der Duration.
- Begrenztes Potenzial für die Aktienmärkte und weiterhin Geduld bei der Erhöhung des Engagements. Zinspausen sind in der Regel gute Zeiten für Aktien, aber auch Übergangszeiten zu einem volatileren Umfeld.
Das Marktstrategieteam der Banca March geht davon aus, dass sich der Konjunkturzyklus in einer fortgeschrittenen Phase befindet. Es prognostiziert ein Umfeld mit schwachem Wachstum und einer verlangsamten Inflation, wobei die Worst-Case-Szenarien an Intensität verlieren. Obwohl die Weltwirtschaft ihre Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt hat, wird sie dennoch mit gegenläufigen Kräften konfrontiert sein: Steigende Finanzierungskosten und hohe Energiepreise werden das Wirtschaftswachstum weiterhin bremsen. Auf der positiven Seite werden die geringere Verschuldung der privaten Haushalte und ein robuster Arbeitsmarkt den Konsum ankurbeln und die Ängste vor einer globalen Rezession mindern.
Angesichts dieser Lage wird erwartet, dass das weltweite BIP-Wachstum in diesem Jahr bei 2,8 % liegt und im Jahr 2024 bei 2,3 %, was deutlich unter dem historischen Durchschnitt von +3,4 % liegt. In regionaler Hinsicht wird die wirtschaftliche Divergenz fortbestehen: In den USA haben der Konsum und die Beschäftigung die geldpolitische Straffung besser bewältigt als erwartet, während in Europa die Schwäche im Industriesektor und die höhere Abhängigkeit von ausländischer Energie weiterhin Belastungen darstellen werden. Obwohl der Dienstleistungssektor im Euroraum, insbesondere der Tourismus, sich gut behauptet hat, wird das BIP voraussichtlich weiterhin stagnieren und nur ein bescheidenes Wachstum verzeichnen. Auch in Spanien wird das Wachstum an Dynamik verlieren, aber aufgrund des höheren Anteils des Dienstleistungssektors und der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt weiterhin über dem Durchschnitt des Euroraums liegen. In den letzten 12 Monaten hat die spanische Wirtschaft den größten Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region geleistet. In China hat der Aufschwung nach der Aufhebung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung an Schwung verloren, aber neue Impulse in der zweiten Jahreshälfte dürften zu einer Stabilisierung beitragen.
Auf der Inflationsseite wird die Abschwächung nun allmählicher vonstattengehen. Es wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, bis die Teuerungsraten, die am stärksten mit der Entwicklung der Dienstleistungspreise, insbesondere der Löhne und Gehälter, verbunden sind, zurückgehen. Wir befinden uns bereits in einem Desinflationsprozess. Dennoch dürften die Inflationsziele der Zentralbanken voraussichtlich erst in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres erreicht werden.
Zinsen für längere Zeit auf hohem Niveau
In einem Szenario, in dem die Zentralbanken den Kampf gegen die Inflation nicht vorzeitig abbrechen, ist zu erwarten, dass die Zinsen noch für eine längere Zeit auf einem hohen Niveau bleiben werden. Gleichzeitig betonen die Währungshüter, dass die Geldpolitik in eine neue Phase eintritt, in der die negativen Auswirkungen aggressiver Zinserhöhungen sorgfältig abgewogen werden müssen. Ab jetzt wird die Hauptwaffe der Geldpolitik die Verringerung der Bilanzsumme sein, während sowohl die Fed als auch die EZB eine Pause bei den Zinserhöhungen einlegen werden.
Konsum trotz hoher Preise stabil
Trotz der restriktiven Geldpolitik und steigender Preise hat sich der private Konsum als bedeutende Stütze für das Wachstum gehalten. Die während der Pandemie angehäuften Ersparnisse sind noch nicht gänzlich aufgebraucht und beliefen sich Ende des zweiten Quartals in den USA auf 2,3 % des BIP und in der Eurozone auf 6,4 % des BIP.
Zudem haben private Haushalte in der letzten Konjunkturperiode ihre Verschuldung nicht in dem Maße erhöht wie in den Jahren vor der Finanzkrise 2008, was die geringere Sensitivität der Konsumausgaben gegenüber steigenden Zinsen erklärt. In Spanien ist die Verschuldung privater Haushalte auf 51 % des BIP gesunken, den niedrigsten Stand seit 2002. Schließlich wird das Beschäftigungswachstum in Zukunft zwar moderater ausfallen, aber die nachlassende Inflation und der angespannte Arbeitsmarkt werden dazu beitragen, dass die Realeinkommen der privaten Haushalte sich erholen und den Konsum unterstützen.
Konjunkturabschwächung und relative Bewertung stützen festverzinsliche Anlagen
Der sich verlangsamende Konjunkturzyklus erschwert die Aussicht auf weitere bedeutende Kursgewinne bei Aktien, während Anleihen mit höheren Zinsen aus Bewertungs- und Risikoperspektive immer verlockender werden.
Erstmals in der Geschichte bewegt sich die erwartete Rendite für liquide Mittel und Investment-Grade-Unternehmensanleihen auf dem gleichen Niveau wie die für Aktien, nämlich etwa 5 %. Dies beeinflusst die Entscheidungen der Anleger und hindert sie daran, ihr Engagement in riskantere Anlagen wie Aktien zu steigern. All dies rechtfertigt weiterhin die Beibehaltung von Aktienpositionen, jedoch mit einem begrenzten Umfang, da andere Vermögenswerte wie festverzinsliche Anlagen ein ausgewogeneres Risiko-Rendite-Verhältnis bieten.
Die Zinsen befinden sich bereits auf dem höchsten Niveau der letzten 20 Jahre und übertreffen die Inflationserwartungen in sämtlichen Segmenten festverzinslicher Wertpapiere. Die Experten der Banca March sind der Überzeugung, dass wir uns bereits in den letzten Phasen des aktuellen Zinserhöhungszyklus befinden. Historisch betrachtet war dies ein geeigneter Zeitpunkt, um das Engagement in festverzinslichen Wertpapieren zu erhöhen und die Duration der Portfolios zu verlängern. Seit 1980 führte das Eintreten einer Zinspause nach früheren Erhöhungsphasen stets zu positiven Realrenditen bei festverzinslichen Wertpapieren mit einer Laufzeit von 12 Monaten.
Die Unternehmensverschuldung bleibt im Vergleich zu früheren Konjunkturzyklen begrenzt. Aus diesem Grund bevorzugt das Marktstrategieteam der Banca March Investitionen in Unternehmensanleihen mit höherer Bonität. Diese bieten einen besseren Schutz vor einer möglichen Verlangsamung der Konjunktur und potenziellen Stressmomenten wie der Ukraine-Invasion und der Gaskrise wegen des Wegfalls der Lieferungen aus Russland. Zusätzlich dazu betont das Team, dass der kurzfristige Refinanzierungsbedarf überschaubar ist. Weniger als 2 % der nordamerikanischen und 4 % der europäischen Hochzinsanleihen werden in den nächsten 15 Monaten fällig, was den Druck auf die Anleihemärkte reduzieren sollte.
In einem Umfeld, geprägt von verhaltenem Wachstum, aber einem geringeren Rezessionsrisiko, bleibt die Illiquiditätsprämie von Private Debt weiterhin attraktiv. Historisch betrachtet erzielte dieses Segment festverzinslicher Wertpapiere überdurchschnittliche Renditen bei gleichzeitig begrenztem Risiko.
Begrenztes Potenzial für Aktien
In der Regel entwickeln sich Aktien gut, nachdem die Leitzinserhöhungen abgeschlossen sind. Dennoch handelt es sich dabei auch um Übergangszeiten hin zu einem in der Regel volatileren Umfeld, das eintritt, wenn die Zinsen zu sinken beginnen. Das Marktstrategieteam der Banca March empfiehlt einen vorsichtigen Ansatz, sieht jedoch Zinssenkungen als Gelegenheit, das Engagement mit einer größeren Sicherheitsmarge zu erhöhen.
Die Aktienmärkte bewegen sich in einem von Konjunkturabschwächung und hohen Zinsen geprägten Umfeld, und die Bewertungen liegen derzeit auf ihrem historischen Durchschnittsniveau. Vor diesem Hintergrund sind die Experten der Banca March vorsichtig, zumal sie nur ein begrenztes Potenzial für eine Verbesserung der Unternehmensgewinne sehen.
Auf regionaler Ebene bevorzugen sie nach wie vor den US-Aktienmarkt gegenüber dem europäischen. Sie gehen davon aus, dass die Unternehmensgewinne im US-Index robuster sein werden, was zum Teil auf die höhere Technologiekomponente, vor allem aber auf die im Vergleich zu anderen Regionen höhere Gewichtung defensiver Sektoren zurückzuführen ist. Darüber hinaus sehen sie Chancen in den Schwellenländern, wo die Gewinnrevisionen nach unten deutlich aggressiver ausgefallen sind.
Auf Sektorebene konzentriert sich die Banca March auf diejenigen Sektoren, in denen die Unternehmen im aktuellen makroökonomischen Umfeld Gewinne erzielen können, sowie auf diejenigen, die ein Engagement in der wirtschaftlichen Transformation bieten. Insbesondere werden weiterhin Investitionen im Technologiesektor bevorzugt, da dieser in einem Umfeld, in dem der Bedarf an Investitionen in die Digitalisierung weiter steigen wird, Gewinne erzielen kann. Ergänzt werden diese Positionen durch ein Engagement im defensiven Gesundheitssektor, der in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs wiederkehrende Erträge generiert. Das Marktstrategieteam der Banca March ist außerdem der Ansicht, dass ein Engagement in Sektoren, die sensibel auf steigende Zinsen reagieren und attraktive Bewertungen aufweisen, wie z. B. Finanzwerte in Europa, interessant ist. Schließlich sieht das Team aus struktureller Sicht Anlagechancen in Sektoren, die eng mit der Energiewende und der Selbstversorgung verbunden sind.