Banca March: Aufgrund der Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft dürften Zinssenkungen in die Zukunft verschoben werden
06 Februar 2024 Kategorie: Banca March
- Die Banca March prognostiziert eine moderate Verlangsamung und ein globales BIP-Wachstum von 2,5 % im Jahr 2024, das niedrigste seit der Pandemie. Steigende Finanzierungskosten werden das Wachstum weiterhin dämpfen, jedoch dürfte ein weniger verschuldeter Privatsektor und eine robuste Beschäftigung den Konsum stützen.
- Die Inflation wird sich zwar auf einem niedrigeren Niveau bewegen, aber nicht die Zielwerte der Zentralbanken erreichen. Die Zinssenkungserwartungen, die sich in den Zinskurven widerspiegeln, stehen im Widerspruch zu einer weiterhin robusten Wirtschaft. Die Analysten der Banca March prognostizieren nur drei Zinssenkungen im Jahr 2024 (insgesamt 75 Basispunkte sowohl von der Fed als auch von der EZB), was weit von den fünf Zinssenkungen entfernt ist, die der Markt erwartet.
- Die Bank bleibt in Bezug auf Aktien optimistisch, ist jedoch etwas risikoscheu und wartet auf bessere Gelegenheiten, um ihr Engagement zu erhöhen. Auf regionaler Ebene bevorzugt die Bank den US-Aktienmarkt, und auf Sektorebene sucht sie nach Chancen in den Bereichen Technologie, Gesundheitswesen und Energie.
- Die Leitzinsen befinden sich auf dem höchsten Stand seit 20 Jahren, was auf ein gutes Jahr für Anleihen hindeutet, die in der zweiten Jahreshälfte von den Zinssenkungen der Zentralbanken profitieren dürften. Es wird empfohlen, die sich bietenden Renditeaufschläge bei Staatsanleihen und insbesondere bei europäischen Unternehmensanleihen mit hoher Bonität zu nutzen.
Das Marktstrategieteam der Banca March ist der Ansicht, dass das Jahr 2024 trotz des starken Anstiegs der Finanzierungskosten und der Schwäche des Industriesektors mit einer positiven Dynamik beginnt. Sie betonen, dass der aktuelle Konjunkturzyklus seine eigenen Merkmale aufweist, die ihn widerstandsfähiger als in der Vergangenheit machen: Ein weniger verschuldeter Privatsektor und eine hohe Beschäftigungsrate werden den privaten Konsum stützen, der die Hauptantriebskraft des globalen Wachstums sein wird.
Die Bank geht davon aus, dass Zinserhöhungen die Realwirtschaft durch eine geringere Verfügbarkeit von Krediten beeinträchtigen werden. Dies dürfte sich negativ auf die privaten Investitionen auswirken, und nach Jahren starker fiskalischer Anreize werden auch die öffentlichen Ausgaben als treibende Kraft ausfallen. Positiver sind dagegen die Aussichten für den privaten Konsum, der allein mehr als 60 % zum BIP-Wachstum beitragen dürfte.
Dieser Zyklus zeichnet sich durch einen robusten Arbeitsmarkt aus, der im Vergleich zu anderen Perioden einer restriktiven Geldpolitik eine wichtige Stütze darstellt – nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, wo das BIP stagniert, die Arbeitslosenquote jedoch historische Tiefststände erreicht hat. Diese Widerstandsfähigkeit der Arbeitsmärkte und die gedämpfte Inflation werden es uns ermöglichen, 2024 in eine Phase der Erholung der Haushaltseinkommen einzutreten, und zum ersten Mal seit 2021 werden die Reallöhne positiv sein, was den Konsum ankurbeln wird.
Vor diesem Hintergrund wird sich das globale Wachstum 2024 weiter verlangsamen. Das globale BIP wird voraussichtlich um 2,5 % wachsen, was der niedrigste Anstieg seit der Pandemie wäre und einen Prozentpunkt unter dem historischen Durchschnitt läge. Dabei werden erhebliche regionale Unterschiede erwartet. Die Eurozone wird mit einem Wachstum von weniger als 1 % weiterhin hinterherhinken, während sich die Konjunktur in den USA allmählich verlangsamt und das BIP 2024 um 1,5 % steigen dürfte, womit sich der starke Aufschwung nach der Pandemie um ein weiteres Jahr verlängert. China hat zwar seine Wachstumsziele erreicht, aber auch hier wird der Aufschwung an Dynamik verlieren. Die Wirtschaft wird voraussichtlich nur noch um 4,4 % wachsen, was auf die Schwierigkeiten im Immobiliensektor zurückzuführen ist.
Inflation sinkt, erreicht aber nicht die Ziele der Zentralbanken
Bis Ende 2023 wurden bereits fast zwei Drittel des Weges zur Normalisierung der Inflation zurückgelegt. Angesichts eines Lohnwachstums von 4 bis 5 % und einer starken Nachfrage nach Dienstleistungen dürfte es jedoch länger dauern, bis sich die Kerninflation stabilisiert. Vor diesem Hintergrund dürfte die Inflation auf beiden Seiten des Atlantiks weiter zurückgehen, allerdings langsamer als im vergangenen Jahr, sodass das Jahr 2024 sowohl in den USA als auch in Europa mit einem Anstieg des Verbraucherpreisindexes zwischen 2,5 % und 3 % enden könnte. Dies läge in der Nähe der Zielvorgaben der Zentralbanken, würde diese aber immer noch verfehlen.
Ein Aufwärtsrisiko für die Inflation im Jahr 2024 ergibt sich aus den geopolitischen Spannungen rund um den Suezkanal und deren Auswirkungen auf die Lieferketten. Die wichtigste Folge des Konflikts ist die Unterbrechung der Schifffahrtsrouten und der Anstieg der Frachtraten, was sich insbesondere auf Europa auswirkt. Sollte sich dieser drastische Anstieg der Transportkosten aus China in den kommenden Monaten fortsetzen, dürften die Preise für Vorleistungsgüter steigen und damit auch die Inflation. Basierend auf den Erfahrungen der Vergangenheit könnte dies bis zu 1 Basispunkt zusätzlich zu den erwarteten Werten für das zweite Halbjahr ausmachen.
Rolle del Zentralbanken: Leitzinsen werden nicht so stark und schnell sinken wie vom Markt erwatet
Während 2023 das Jahr war, in dem eine Pause bei den Zinserhöhungen eingelegt wurde, prognostiziert die Banca March für 2024 den Beginn von Zinssenkungen. Die Zentralbanken werden es jedoch nicht eilig haben, die Leitzinsen zu senken, da die Inflation nicht so schnell zurückgehen wird wie bisher, die Beschäftigungslage nach wie vor sehr robust ist und der Konsum sich weiterhin als widerstandsfähig erweisen dürfte.
Das laufende Jahr wird daher von Zinssenkungen sowohl der Fed als auch der EZB geprägt sein, allerdings nicht in dem Tempo und der Intensität, die der Markt erwartet: Die Banca March geht davon aus, dass sowohl die Fed als auch die EZB die Zinsen um 75 Basispunkte senken werden und dass diese Schritte nicht vor dem Sommer beginnen werden.
Die Bank rechnet damit, dass die Zinssenkungen moderater ausfallen werden als vom Markt erwartet, da aggressive Zinssenkungen in der Vergangenheit mit einem starken Rückgang der Wirtschaftsaktivität und der Beschäftigung einhergingen, was kurzfristig nicht zu erwarten ist. Die Zentralbanken werden daher versuchen, ihre Geldpolitik mit einer moderaten Inflation in Einklang zu bringen, indem sie versuchen, die Realzinsen „auszubalancieren“ und eine zu restriktive Geldpolitik zu vermeiden.
Finanzanlagen: Vorsichtiger Optimismus bei Aktien, Anleihen bevorzugt
Vor diesem Hintergrund ist die Banca March der Ansicht, dass das neue Jahr mit verhaltenem Optimismus angegangen werden sollte. Auch wenn die Aktienmärkte noch Aufwärtspotenzial haben, werden sie die aktuelle V-Bewegung, die im Oktober begann, nicht unbegrenzt fortsetzen. Die Bank rät daher zur Vorsicht bei Aktien. Die Bank geht davon aus, dass Aktien in diesem Jahr positive, aber bescheidene Renditen abwerfen werden, die eher denen anderer risikoärmerer Anlageklassen entsprechen.
Mit Blick auf die kommenden Monate ist bei Aktienengagements Vorsicht geboten. Das Aufwärtspotenzial ist aufgrund der bereits überhöhten Bewertungen begrenzt, vor allem aber, weil die globalen Gewinnerwartungen bereits hoch sind: Weltweit wird ein Gewinnwachstum von über 10 % erwartet, was im Widerspruch zur Wachstumsverlangsamung steht.
Es ist zwar richtig, dass sich Aktien nach Zinserhöhungspausen in der Regel gut entwickeln, jedoch waren diese Phasen in der Vergangenheit auch oft der Übergang zu einem volatileren Umfeld, das gewöhnlich nach der ersten Zinssenkung einsetzt. Angesichts dessen sollte man mit einer Erhöhung des Aktienanteils auf bessere Zeiten warten.
Auf regionaler Ebene bevorzugt die Banca March den US-Aktienmarkt, wo sich die Unternehmensgewinne aufgrund des höheren Beitrags des Technologiesektors weiterhin stark verbessern dürften. Zusätzlich sorgen die hohen Eigenkapitalrenditen und die geringere Verschuldung der Unternehmen für Rückenwind und unterstützen den Optimismus. Zudem ist anzumerken, dass Wahljahre für Aktien in der Vergangenheit oft positiv waren: Die durchschnittliche Rendite des S&P 500 in US-Wahljahren liegt bei 10 %, wobei in 13 der letzten 15 Wahljahre ein Anstieg zu verzeichnen war.
Bei den Sektoren wird eine Mischung aus Technologie – wegen des hohen Wachstumspotenzials – und dem eher defensiven, aber attraktiv bewerteten Gesundheitssektor bevorzugt. Chancen werden auch in Sektoren gesehen, die im Zusammenhang mit der Energiewende stehen. Darüber hinaus hat die Bank von der letztjährigen Wette auf den europäischen Finanzsektor profitiert und Gewinne mitgenommen.
Für Anleihen wird ein vielversprechendes Jahr erwartet, zumal sich die Leitzinsen auf dem höchsten Stand seit 20 Jahren befinden und die Realrenditen von Staatsanleihen positiv sind. Zudem hat die US-Notenbank eine Zinspause eingelegt. Bereinigt man die Renditeerwartungen um das eingegangene Risiko, ist dies weiterhin eine Anlageklasse, die übergewichtet werden sollte.
Es wird erwartet, dass Anleihen im Jahr 2024 ihre Fähigkeit zur Diversifizierung wiedererlangen und mit attraktiveren Anfangsrenditen ein relativ sicherer Hafen für konservativere Anleger sein werden, da das Verlustrisiko gesunken ist. Aus diesen Gründen geht die Banca March davon aus, dass Anleihen in den nächsten zwölf Monaten in allen Segmenten zulegen werden. Die Experten der Banca March empfehlen jedoch, die zusätzliche Prämie zu nutzen, die Unternehmensanleihen im Vergleich zu Staatsanleihen bieten.